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Aktuelles aus dem Steuerrecht und allgemeine Handlungsempfehlung bei Steuerfahndungen

Das Steueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland als auch im Freistaat Thüringen ist ansteigend.

Grund hierfür ist auch die verstärkte erfolgreiche Arbeit der Betriebsprüfer und Steuerfahnder, die zu den Mehrergebnissen im Staatshaushalt auf der Einnahmenseite erheblich beitragen.

Aus den Veröffentlichungen des Thüringer Finanzministeriums zur Leistungsbilanz der Steuerverwaltung 2016 vom 11. April 2017 ist zu entnehmen, dass das Steueraufkommen in Thüringen von 4,5 Mrd. EUR im Jahr 2009 auf ca. 6,6 Mrd. Euro angestiegen ist.

Den größten Anteil hieran hat die Lohnsteuer mit 2,79 Mrd. Euro und die Umsatzsteuer mit ca. 2,28 Mrd. Euro, die letztlich die Arbeitnehmer, Beamte und Bürger aufbringen. Der Restbetrag setzt sich aus den sonstigen Steuern der Körperschafts-, Einkommens-, Kapitalertrags-, Abgeltungs-, Grunderwerbsteuer, Erbschafts-und Schenkungssteuer, Lotterie- u. Sportwettensteuer, der Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag zusammen. Interessant ist, dass das Finanzamt Altenburg 4 % des Steueraufkommens in Thüringen und das FA Erfurt 23 % verwaltete.

Insgesamt fanden 3.763 Betriebsprüfungen statt, die ein Mehrergebnis von 100 Mio. Euro; bei 2.866 Lohnsteueraußenprüfung ein Mehrergebnis von 13,9 Mio. EUR; in 2408 Umsatzsteuersonderprüfungen ein Mehrergebnis von 34,9 Mio. EUR und in 380 Steuerfahndungsprüfungen 62,5 Mio. Euro Mehrergebnisse feststellten.

Damit erschließt sich, dass die Prüfungen des Finanzamts aufgrund dieser positiven Ergebnisse insbesondere auch im Steuerfahndungsbereich weiter fortgeführt werden.

Die Steuerfahndungsprüfung wird eingeleitet, wenn ein Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung vorliegt.

Aufgrund der digitalen Vernetzung der Finanzverwaltungen mit anderen Behörden und den Meldepflichten von Banken und Versicherungen ergeben sich auf diesen Wegen Erkenntnisse, die oftmals nicht mit eingereichten Steuererklärungen übereinstimmen. Das eingesetzte Steuerverwaltungsprogramm erkennt dies sofort, was zu einer zeitnahen Überprüfung bei Steuerpflichtigen führt. Hinzutreten Risikoklassen die auch zu einer regelmäßigen Überprüfung von Steuerpflichtigen führt. Um diese Außenprüfungen durchzuführen kann auch die Steuerfahndung beauftragt werden. Im Folgenden soll sich mit der klassischen Steuerfahndung zur Strafverfolgung auseinander gesetzt werden.

Die Steuerfahnder haben bei Steuerstrafverfahren dieselben Rechte und Pflichten, wie die Ermittlungsbehörden nach der Strafprozessordnung. Insoweit sind die Beamten der Steuerfahndung Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft.

Im Rahmen dieser Tätigkeit werden durch die Steuerfahndung üblicherweise Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse bei den zuständigen Ermittlungsrichtern beantragt und dann regelmäßig auch umgesetzt. Konkret bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige vor einer solchen Maßnahme nicht angehört wird, um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, sondern dann von einer solchen Maßnahme regelmäßig früh morgens überrascht wird.

In dieser Situationen sollte man einen kühlen Kopf behalten und zunächst die formelle Beschlusslage überprüfen, da neben einer richterlichen Unterschrift in dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss, neben den Angaben zum Tatzeitraum und Tatvorwurf, auch konkrete Angaben zu den zu durchsuchenden Räumen, als auch den aufzufindenden Beweismitteln enthalten sein müssen. Auf jeden Fall ist eine Ausfertigung des Beschlusses aufzubewahren.

Zudem hat der Beschuldigten bei der Durchsuchung das Recht mit anwesend zu sein und auch Zeugen hinzuzuziehen.

Regelmäßig werden auch bei Steuerberatern oder sonstigen unverdächtigen Dritten zur gleichen Zeit wie bei dem Steuerpflichtigen selbst die Durchsuchung und Beschlagnahme durchgeführt. Sowohl der unverdächtige Berater als auch der Steuerpflichtige ist gut beraten einer freiwilligen Herausgabe von Beweismitteln nicht zuzustimmen und die Unterlagen beschlagnahmen zu lassen, sowie gegen die Beschlagnahme gegebenenfalls Widerspruch zu erheben. Der steuerliche Berater muss dies bereits wegen seinen beruflichen Schweigeverpflichtung tun. Der Steuerpflichtige selbst erreicht dadurch eine kurzfristige Überprüfung der sichergestellten Beweismittel durch den Richter. Bei der Protokollierung der Beschlagnahme sollte auf ein umfängliches und genaues Beschreiben der beschlagnahmten Beweismittel geachtet werden, um später eine Überprüfung und Herausgabe konkret beantragen zu können.

Oftmals werden im Zusammenhang mit der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen auch Vernehmungen von Familienmitgliedern und/oder Mitarbeitern und des Beschuldigten durch die Steuerfahndung durchgeführt. Vernehmungen selbst können jederzeit nach der Strafprozessordnung bei Einwilligung der betroffenen Personen durchgeführt und nach ordnungsgemäßer Belehrung der Zeugen und/oder des Beschuldigten auch später in einem Strafverfahren verwendet werden. Es besteht aber keine Pflicht einer solchen überraschenden Vernehmung durch die Steuerfahndung zuzustimmen.

Das Recht eines Beschuldigten auf eine Anwaltskonsultation vor und die Beziehung zu einer Vernehmung wird durch den Beschlagnahme- und Durchsuchungsbeschluss nicht eingeschränkt. Zeugen sollen nach Nr. 64 der Richtlinie für das Strafverfahren geladen werden, bevor diese vernommen werden. Es handelt sich jedoch hierbei nur um eine Sollvorschrift, die im Einzelfall durch Einwilligung der Zeugen in die sofortige Vernehmung aufhebbar ist.

Mithin ist zu empfehlen, dass im Fall einer solchen Vernehmungssituation die Zeugen sich ihrer Rechte bewusst sind und sich ggf. auf das Erfordernis einer Ladung berufen und einer Zeugenvernehmung nicht zuzustimmen. Insoweit ist auch unter Umständen das Zeugnisverweigerungsrecht von mit dem Beschuldigten verwandten oder verschwägerten Personen auszuüben.

Die weiteren Schritte nach einer solchen Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahme sind regelmäßig die Auswertung und Sichtung der sichergestellten Unterlagen und das Verwerten der Erkenntnisse im Rahmen der steuerlichen Festsetzung. Bei Durchsicht der Beweismittel haben der Beschuldigte und dessen Verteidiger ein Anwesenheitsrecht, weil dies noch Teil der Durchsuchung ist und dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes des Beschuldigten dient. Der ermittlungsführende Steuerfahnder ist nach § 404 AO zur Durchsicht der beschlagnahmten Beweismittel berechtigt. Dazu gehören auch digitale Speichermedien. Hinzugezogene Hilfskräfte der Polizei und/oder Ordnungsbehörden haben das Sichtungsrecht nur auf Erlaubnis des Beschuldigten. Im Streitfall ist auf eine Versiegelung der Dokumente/Speichermedien vor Ort hinzuwirken und auf die Anwesenheit des Verteidigers bei der Sichtung der Unterlagen/Speichermedien hinzuwirken.

Für Unternehmen höherer Risikoklassen, aber auch generell empfiehlt es sich, eine Checkliste für solche Fälle vorzuhalten, da unter Umständen der Geschäftsführer oder aber sonstige vertretungsberechtigte Personen nicht vor Ort sind, um einen geordneten Ablauf zur Begleitung des Durchsuchungs-und Beschlagnahmeverfahrens zu gewährleisten. Ein Geschäftsbetrieb während laufender Durchsuchung ist zu vermeiden.

Ebenso ist die Einschaltung eines für diesen Bereich spezialisierten Rechtsanwaltes schon im Rahmen der Durchführung der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung möglich. Der Rechtsanwalt begleitet dann das Verfahren zusammen mit dem Durchsuchungsführer der Steuerfahndungsstelle und sorgt für die Einhaltung aller Rechtsvorschriften und kann somit auch deeskalierend wirken.

Die weitere Verteidigung in einem Steuerstrafverfahren sollte ebenfalls hierauf spezialisierten Rechtsanwälten überlassen werden. Insoweit sind neben den Besonderheiten des Steuerstrafrechts auch die durch den Bundesgerichtshof laufend weiterentwickelte Rechtsprechung und auch die jährliche Änderung der Steuergesetzgebung zu berücksichtigen. Zusammen mit dem entsprechend gewählten Verteidiger ist dann eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

Abzuraten ist von einer Beauftragung des steuerlichen Beraters mit einer Strafverteidigung, da die Steuerhinterziehung ein sog. „Jedermann-Delikt“ ist, mithin auch den die Veranlagung durchführenden Steuerberater durch Erkenntnisse des Steuerstrafverfahrens in eine Zwickmühle bringen kann. Insoweit sieht sich der steuerliche Berater schnell den Verdacht der Mittäterschaft einer Steuerhinterziehung ausgesetzt.

Die Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen sind nämlich im steuerlichen Veranlagungsverfahren und im Strafverfahren verschieden. Während im Steuerfestsetzungsverfahren nach Abgabenordnung Wahrheitspflicht und Mitwirkungsverpflichtung bestehen, hat der Steuerpflichtige zugleich das Recht eines jeden Beschuldigten inne, sich im Steuerstrafverfahren nicht selbst belasten zu müssen.

Wie man sich entscheidet ist gewissenhaft -in jedem Fall nach fachkundiger Beratung- abzuwägen.

Dirk Schwerd
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht/Fachanwalt für Steuerrecht